Die textile Installation „You May Recognize Yourself“ der Hamburger Künstlerin Kerstin Bruchhäuser besteht aus 58 überlebensgroßen Portraits von Frauen. Die künstlerische Arbeit untersucht die individuellen Besonderheiten, die den Wiedererkennungswert einer Person ausmachen, sowie die serielle Gleichförmigkeit von Kleidung und Körpern als gegenwärtiges soziokulturelles Phänomen.
Eröffnet wird die Ausstellung am Freitag, den 3.11., 19 Uhr im Beisein der Künstlerin. Die Hamburger Liedermacherin Anna Depenbusch führt musikalisch in die Ausstellung ein. In einem Podiumsgespräch zur Finissage am Donnerstag, den 30.11., 16.30 nehmen Prof. Dr. Gabriele Britz (Universität Gießen, Bundesverfassungsrichterin a.D.), Tanja Chawla (DGB Hamburg) und Hauptpastorin Dr. Ulrike Murmann das erste Gleichberechtigungsgesetz von 1958 in den Blick und sprechen über dessen Erfolge und bleibende Aufgaben.
Kerstin Bruchhäuser setzt sich in ihrer Arbeit damit auseinander, welchen Einfluss es auf die eigene Identitätsfindung hat, dass wir uns in der Öffentlichkeit bewegen, und welche Bedeutung die alltäglichen Begegnungen mit Personen außerhalb des Familien-, Freundes- und Bekanntenkreises haben.
Die dargestellten Personen drehen den Betrachtern allesamt den Rücken zu. Wie die Portraitierten von vorn aussehen? Die Darstellungen werden zum Spiegel unserer Vorstellung und konfrontieren uns mit unseren eigenen Erwartungen an das Sichtbare, denn:
IN THE ACT OF OBSERVING OTHERS YOU MAY RECOGNIZE YOURSELF.
(In der Beobachtung der Anderen kann man sich selbst erkennen.)
Die Portraits sind aus originaler Weisswäsche genäht, die Frauen als Mitgift erhielten. Die historischen Wäschestücke dienen als Erinnerungsmedium und als Platzhalter für die Vergangenheit, denn als Teile der Aussteuer markieren sie das Auslaufen einer Traditionslinie. Der gesetzliche Anspruch auf eine Aussteuer wurde Töchtern im Falle ihrer Verheiratung zur Einrichtung ihres zukünftigen Haushalts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) von 1896 zugesichert.
Am 1. Juli 1958 trat das "Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts" in Kraft. Dieses sogenannte erste Gleichberechtigungsgesetz erreichte noch keine umfassende, formale Gleichberechtigung von Mann und Frau, aber das Gesetz war ein bedeutender Schritt zur Gleichberechtigung in der sich wandelnden Nachkriegsgesellschaft. Unter anderem wurde die Zusicherung einer Aussteuer abgeschafft und stattdessen das Recht auf eine Ausbildung etabliert.
Die Flexibilität des Textilen macht es zu einem geeigneten Material, um diesen Wandel sozialer Strukturen abzubilden. Außerdem betont die Wiederverwendung gebrauchter Materialien die Notwendigkeit nachhaltiger Arbeitsweisen im textilen und künstlerischen Kontext. Mithilfe der Fähigkeit des textilen Materials, das sowohl enthüllen als auch verhüllen kann, werden die Grenzen zwischen Innen und Außen, dem Privaten und dem Öffentlichen untersucht.
AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG
Freitag, 3. November 2023, 19 Uhr
Willkommensgruß: Hauptpastorin Dr. Ulrike Murmann (St. Katharinen)
Begrüßung: Prof. Dr. Regina Back (Claussen-Simon-Stiftung) und Ansgar Wimmer (Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.)
Einführung in die Ausstellung und Musik: Anna Depenbusch
FINISSAGE
Donnerstag, 30. November 2023, 16.30 Uhr
Hauptpastorin Dr. Ulrike Murmann (St. Katharinen) im Gespräch über
„65 Jahre Gleichberechtigungsgesetz: Erfolg und bleibende Aufgaben“ mit
Prof. Dr. Gabriele Britz (Universität Gießen, Bundesverfassungsrichterin a.D.) und
Tanja Chawla (DGB Hamburg)
Musik: Elb’ an Flutes